Sie war ein Energiebündel: Zwar klein von Statur, aber die großen dunklen Augen sprühten vor Geist und Witz. Ihr Temperament und ihre Leidenschaft lassen sich aus jeder Note ihrer Musik heraushören. Fanny Hensel, geborene Mendelssohn war eine Ausnahmeerscheinung des 19. Jahrhunderts und zugleich durch und durch Frau ihrer Zeit. Als ältere Schwester des hochbegabten Felix Mendelssohn Bartholdy wurde ihr zwar in ihrem großbürgerlichen Elternhaus fast die gleiche hervorragende Ausbildung zuteil, die auch ihr vier Jahre jüngerer Bruder genoss, doch hatte die Gleichbehandlung eindeutige Grenzen: »Die Musik wird für ihn vielleicht Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbaß Deines Seins und Tuns werden kann und soll«, schrieb ihr der Vater zur Konfirmation und bestätigte damit die Konventionen der Zeit. Und auch der ihr so nahestehende Bruder unterstützte sie nur insoweit, wie es seiner Meinung nach nicht in Konflikt mit ihrem Frausein stand. So weit, so gewöhnlich. Ungewöhnlich war aber, mit welcher Vehemenz Fanny Hensel trotz aller Widerstände zeit ihres kurzen Lebens an der Musikausübung festhielt und in ihrem Mann, dem Hofmaler Wilhelm Hensel, einen Unterstützer ihrer Kunst fand, die sich auch in den von ihr geleiteten und veranstalteten »Sonntagsmusiken« Bahn brach.