„Die Musik will gar nicht rutschen ohne Dich“
Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy in Wort und Musik
Konzept und Hintergrund

An den Geschlechterverhältnissen gab es nichts zu rütteln. »Die Musik wird für ihn vielleicht Beruf, während sie für dich stets nur Zierde, immer Bildungsmittel, niemals Grundbass deines Seins und Tuns werden kann und soll.« Niemals. Punkt. Widerrede zwecklos.

So jedenfalls schrieb es Abraham Mendelssohn im Sommer 1820 an seine 14-jährige Tochter Fanny, deren künstlerische Ambitionen als Pianistin und auch Komponistin durchaus ernsthaft zu nennen waren. »Ihn«, damit bezog sich der Vater auf den vier Jahre jüngeren Sohn Felix. Dem standen nämlich alle Türen zu einer glanzvollen Karriere offen, während von der Tochter erwartet wurde, sich »emsig zum einzigen Beruf eines Mädchens, zur Hausfrau« (so der Vater) zu bilden. Keine Frage, die rege Korrespondenz, die im Hause Mendelssohn gepflegt wurde, gibt tiefe Einblicke. Einblicke nicht nur ins Innenleben einer Familie, das heißt vor allem in die außergewöhnliche, trotz aller Ungleichbehandlung durch die Eltern stets innige Geschwisterbeziehung zwischen Fanny und Felix, sondern auch in die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit. In Konventionen, Erwartungshaltungen und auch in unüberwindbare Barrieren.

Corinna Harfouch und Peter Lohmeyer haben sich diesen ebenso berührenden wie aufschlussreichen Schatz vorgenommen: die vor Esprit, Energie, Intelligenz und Humor sprühenden Briefe, welche fast drei Jahrzehnte lang zwischen den Geschwistern Fanny und Felix gewechselt wurden, aber auch die weitere Korrespondenz innerhalb der Familie sowie überlieferte Tagebucheintragungen. Ergänzt durch Äußerungen von Carl Friedrich Zelter, Johann Wolfgang von Goethe, Karl Klingemann, Charles Gounod und des Mendelssohn-Forschers Thomas Lackmann, fügen sich die in ihrer Qualität jedenfalls literarisch zu nennenden Texte zum Gesamtbild einer Familie mit außergewöhnlichen Talenten, die sich gleichwohl mit gewöhnlichen Themen der Zeit auseinanderzusetzen hatte. Denn zur Sprache kommen nicht nur die etablierten Rollenbilder, mit denen eine hochtalentierte Fanny hadern musste, sondern auch die selbst in Kulturkreisen verbreiteten antisemitischen Strömungen, von denen die Familie betroffen war.

Lebendig wird der Blick in diesen Mikrokosmos aber auch durch die Musik. Denn die ausgewählten Klavierwerke, die von Hideyo Harada interpretiert werden, machen die Talente ebenso wie die Persönlichkeiten der beiden Geschwister plastisch und unmittelbar nachvollziehbar. Da fügt sich etwa direkt und nahtlos ein höchst energisches „Allegro molto agitato“ aus der Feder Fanny Hensels an jene Textpassagen, in denen ein konventionelles, den etablierten Rollenzuweisungen entsprechendes Verhalten einer jungen Frau gefordert wird – ein tönender Kommentar, der fühlbar werden lässt, mit welcher Energie, welchem inneren Widerstand die Komponistin auf die in sie gesetzten Erwartungen und die Bevormundung reagierte. So verbinden sich die ausgewählten Werke (mit Schwerpunkt auf dem Schaffen Fanny Hensels, aber auch mit Werken ihres bekannten Bruders) gemeinsam mit den Texten ebenso anregend wie unterhaltsam zur Innenansicht einer von emotionaler Zerrissenheit geprägten Künstlerin, deren Werk es erst noch zu entdecken gilt.

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Corinna Harfouch

Corinna Harfouch zählt zu den bekanntesten deutschen Charakterdarstellerinnen in Film, Fernsehen und Theater. Nachhaltig und überzeugend verkörpert sie die Extreme der menschlichen Existenz. Ihre Darstellung gerät immer wieder auch zur Gratwanderung zwischen den Abgründen des Lebens.

Die in Suhl geborene Schauspielerin absolvierte ihr Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Seit ihrer Ausbildung war sie auf allen wichtigen Bühnen zu sehen, u. a. spielte sie 2003 an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz die Titelrolle in Phaidras Liebe von Sarah Kane (Regie: Christina Paulhofer), 2004/05 in der Regie von Jürgen Gosch am Deutschen Theater die Martha in Edward Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf? an der Seite von Ulrich Matthes (Einladung zum Berliner Theatertreffen und zu den Wiener Festwochen), 2010 am Staatstheater Stuttgart die Hauptrolle in Der Schmerz nach Marguerite Duras, 2013 am Schauspielhaus Zürich in Friedrich Dürrenmatts Die Physiker und 2015 am Schauspielhaus Hannover in Heiner Müllers Der Auftrag.

Weitere Gastspiele führten Corinna Harfouch u. a. auch zu den Salzburger Festspielen und ans Wiener Burgtheater. Am Deutschen Theater Berlin spielte sie die Hauptrollen in Im Schlitten Arthur Schopenhauers und Ihre Version des Spiels von Yasmina Reza. In jüngerer Zeit war und ist sie am Deutschen Theater Berlin in Phädra (Regie: Stephan Kimmig), Die Möwe (Regie: Jürgen Gosch), Persona und Birthday Candles (Regie: Anna Bergmann), am Staatstheater Hannover in Orlando und Annette. Ein Heldinnenepos (Regie: Lily Sykes) sowie am Gorki Theater in Berlin in Queen Lear (Regie: Christian Weise) zu sehen. Ihre besondere Vorliebe gilt der Rezitation, wofür ihr Lesetheater steht, eine eigene Matinee-Reihe im Deutschen Theater Berlin.

Seit ihrem Debüt vor der Filmkamera hat sie in mehr als 100 Film- und Kinoproduktionen mitgewirkt. Zu ihren bedeutendsten Filmen zählen Das Versprechen (1995) von Margarethe von Trotta, Sexy Sadie (1996) von Matthias Glasner, Das Mambospiel (1996) von Michael Gwisdek, Irren ist männlich (1996) von Sherry Hormann, Gefährliche Freundin (1996) von Hermine Huntgeburth, Knockin’ on Heaven’s Door (1997) von Thomas Jahn, Der große Bagarozy (1999) von Bernd Eichinger, Fandango (2000) von Matthias Glasner, Vera Brühne (2001) von Hark Bohm, Bibi Blocksberg (2002) von Hermine Huntgeburth, Blond: Eva Blond! (2002) und Der Untergang (2004) von Oliver Hirschbiegel, Durch diese Nacht sehe ich keinen einzigen Stern (2005) von Dagmar Knöpfel, Whisky mit Wodka (2008) von Andreas Dresen, Im Winter ein Jahr (2008) von Caroline Link, This is Love (2009) von Matthias Glasner, Giulias Verschwinden (2010) von Christoph Schaub, Finsterworld (2013) von Frauke Finsterwalder, Der Fall Bruckner (2014) von Urs Egger, Viel zu nah (2017) von Petra K. Wagner, Wer hat eigentlich die Liebe erfunden? (2018) von Kerstin Polte, Lara (2019) von Jan-Ole Gerster, Kranke Geschäfte (2019) von Urs Egger, Ruhe! Hier stirbt Lothar (2021) von Hermine Huntgeburth und Immer der Nase nach (2021) von Kerstin Polte. Aktuelle Filme sind Das Mädchen mit den goldenen Händen (2022) von Katharina Marie Schubert und Alles in bester Ordnung (2022) von Natja Brunckhorst.

Für ihre Theaterarbeit wurde Corinna Harfouch mehrfach ausgezeichnet. Sie erhielt u. a. 1997 den Gertrud-Eysoldt-Ring für herausragende schauspielerische Leistungen und wurde im selben Jahr für ihre Rolle des General Harras in Des Teufels General (Regie: Frank Castorf) von der Zeitschrift Theater heute zur Schauspielerin des Jahres gekürt. Auch für ihre Filmarbeiten wurde Corinna Harfouch mit vielen Preisen geehrt, u. a. mit dem Bayerischen Filmpreis, Adolf-Grimme-Preis, Deutschen Fernsehpreis, Deutschen Filmpreis, Deutschen Schauspielerpreis, Günter-Rohrbach-Preis und Hessischen Filmpreis.

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Peter Lohmeyer

Peter Lohmeyer, geboren als Pfarrerssohn, ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Nach der Ausbildung an der Westfälischen Schauspielschule in Bochum hat er sich im Doppelpass zwischen Theater und Film über die Jahre in die erste Liga der deutschsprachigen Schauspielkunst geschossen. Trotz mehrerer Filmpreise hat er es geschafft immer den Ball flach zu halten und in der schönen Hafenstadt Hamburg seine Heimat gefunden.

Sein Kollege Joachim Król hat mal auf die Frage geantwortet, was er an Peter Lohmeyer am meisten schätze: „seine Leidensfähigkeit“. So lebt er, nach eigener Aussage, glücklich und zufrieden nach der Devise: Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt Fehler zu vermeiden, anstatt sie zu machen! Und widmet sich seit 5 Jahren mit Ausstellungen in Salzburg, Wien und Köln auch der bildenden Kunst.

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Hideyo Harada

»Ob glühende Emotion oder traumverlorene Poesie, ob sanft oder wild: Harada lässt sich von der Musik mitreißen, vom zarten Akkord bis zur Raserei schöpft sie alle Gefühlsregungen klanglich aus«, so die Süddeutsche Zeitung über die japanische Pianistin. Mit ihrem breitgefächerten Repertoire ist sie heute ein gern gesehener Gast bei internationalen Festivals und konzertiert mit bedeutenden Orchestern.

Haradas Vielseitigkeit spiegelt sich ebenfalls in ihrer umfangreichen Diskografie, die neben Werken von Samuel Feinberg und Michio Mamiya ebenso Kompositionen von Schubert, Chopin, Schumann, Grieg und Skrjabin umfasst. Die englische Musikzeitschrift Gramophone nahm ihre Einspielung mit Werken von Tschaikowski und Rachmaninow in die Rubrik Gramophone recommends auf und attestierte: »Two great Russian piano masterpieces in a subtle and soulful recording. Hideyo Harada offers a reading that thrills.« Neben einem über mehrere Spielzeiten angelegten Schubert-Zyklus, den sie gemeinsam mit namhaften Partnern in Tokio realisierte, nimmt auch die Pflege zeitgenössischer Musik einen wichtigen Stellenwert im Schaffen der Pianistin ein.

Hideyo Harada studierte zunächst in Tokio, bevor sie ihre Ausbildung in Stuttgart, Wien und Moskau fortsetzte. Die Künstlerin wurde bei zahlreichen Wettbewerben preisgekrönt und gewann u. a. den Concours International d’Exécution Musicale in Genf sowie den 1. Preis beim Internationalen Schubert-Wettbewerb in Dortmund. Darüber hinaus war sie Preisträgerin beim Internationalen Rachmaninow-Wettbewerb in Moskau. Seitdem gastierte sie u. a. beim Schleswig-Holstein Musik Festival, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, dem MDR-Musiksommer, dem Beethovenfest Bonn, dem Rheingau Musik Festival, dem Heidelberger Frühling, dem Mozartfest Würzburg, den Ludwigsburger Schlossfestspielen, dem Musikfest Stuttgart, dem Yokohama International Piano Festival und dem Grand Piano Festival in Amsterdam. Wichtige Stationen ihrer Karriere waren das Moskauer Tschaikowski-Konservatorium, der Wiener Musikverein, das Berliner Konzerthaus, das Gewandhaus Leipzig, die Alte Oper Frankfurt, die Stuttgarter Liederhalle, die Genfer Victoria Hall, das Prager Rudolfinum oder die Suntory Hall Tokio. Hideyo Harada konzertierte mit zahlreichen Orchestern, so etwa mit dem Orchestre de la Suisse Romande, dem Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Orchestre de Cannes, der Filarmonica George Enescu Bukarest, dem National Polish Radio Symphony Orchestra, dem Russian State Symphony Orchestra, dem Seoul Philharmonic Orchestra, dem NHK Symphony Orchestra, dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra oder dem New Japan Philharmonic Orchestra. Zu ihren Partnern am Pult zählten dabei Dirigenten wie Petr Altrichter, Christian Arming, Piero Bellugi, Pietari Inkinen, Cristian Mandeal, Tadaaki Otaka, Vladimir Valek oder Marcello Viotti.

Im Rahmen von Kammermusikabenden arbeitet Hideyo Harada u. a. mit dem Borodin Quartett, den Geigern Latica Honda-Rosenberg und Mikhail Simonyan, dem Cellisten Jens Peter Maintz und dem Bariton Roman Trekel. Neben Aufnahmen bei internationalen Rundfunk- und Fernsehanstalten liegen mehrere mit Preisen bedachte Einspielungen der Pianistin vor.

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